Jahresberichte
Seit sechs Jahren, meiner ersten Amtsperiode, leitet das heutige Führungsteam die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK). Zeit für eine Bilanz: Man hat viel gelesen und gehört über die Veröffentlichung der Berichte, die mediale Präsenz, die Mittel der EFK oder auch über den Ton unserer Publikationen.
Die Form ist wichtig, bekanntlich macht ja der Ton die Musik, so viel ist klar. Die Formfrage stand im Mittelpunkt und hat viel Aufmerksamkeit erregt. Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte hat eine klare Position zur Publikationspraxis der EFK bezogen und in ihrem jüngsten Tätigkeitsbericht festgehalten: «Für die Finanzdelegation hat die EFK mit den umgesetzten Massnahmen ihre Informations- und Publikationspraxis eindeutig verbessert. (...) Eine weitergehende Selbstbeschränkung der EFK in ihrer Informationsautonomie lehnt die Finanzdelegation ab.»
Nachdem Fragen der Form damit zumindest vorläufig beantwortet sind, können wir uns dem Inhalt zuwenden, der schliesslich auch von Bedeutung ist. Unbedeutende Themen perfekt zu prüfen oder erhebliche Risiken zu ignorieren, sind für die Steuerzahlenden wahrscheinlich weitaus gravierender als der Inhalt des Twitter-Feeds der EFK.
Was haben wir also in den sechs Jahren geleistet und erreicht? Welche Prioritäten haben uns geleitet?
Unsere erste Priorität waren die öffentlichen Unternehmen. Wir haben sie systematisch in drei Richtungen geprüft. Erstens haben wir validiert, ob Governance-Instrumente vorhanden sind und richtig greifen. Das war beim Compliance-Management der RUAG und beim Risikomanagement der Post nicht der Fall. Seither hat sich die Situation erfreulicherweise gebessert. Der zweite Schwerpunkt liegt auf IT-Systemen von nationaler Bedeutung, sei es bei den SBB die IT-Sicherheit in Tunneln und dem Schweizer Abrechnungssystem NOVA oder im militärischen Bereich die IT-Sicherheit bei der RUAG. Und schliesslich die Beziehung zwischen dem Bund und seinen Unternehmen. Die EFK prüfte die Zusammenlegung von ziviler und militärischer Flugsicherung bei Skyguide und die Subventionen an die SBB. Unser Ziel: dafür sorgen, dass Geld, das für eine konkrete Aufgabe bestimmt ist, nicht zweckentfremdet ausgegeben wird. Natürlich haben diese Prüfungen bei den Bundesunternehmen Reaktionen ausgelöst. So stützte sich die RUAG 2016 auf ein Zürcher Rechtsgutachten in dem letztendlich vergeblichen Versuch, nicht geprüft zu werden. Bei Swisscom wurde noch vor Abschluss unseres ersten Audits des Risikomanagements im Parlament eine Motion eingebracht, die jede weitere Prüfung durch die EFK verhindern soll...
Der Trumpf der EFK? Wir sind die einzige Institution, die rechtmässig vor Ort – auch im Ausland – überprüfen kann, ob die Situation eines Unternehmens dem entspricht, was es in seinen Berichten an Regierung und Parlament meldet. So sind wir beispielsweise für die RUAG nach Ungarn und Deutschland, für die Post nach Frankreich und Liechtenstein gereist. Wir nennen das «Gummistiefel-Prüfung». Diese Vorgehensweise aus nächster Nähe ist auch die, die wir in den letzten Jahren bei den Subventionsprüfungen favorisiert haben. Dies war unsere zweite Priorität: Bei den Empfängern von Bundeshilfen direkt prüfen, was sie mit den Geldern machen, sei es eine Transportfirma, eine Stiftung wie Pro Senectute, eine Hilfsorganisation in Afrika oder eine Käserei.
Dritter Schwerpunkt dieser sechs Jahre: die Wirtschaftskriminalität. 2015 hatten wir festgestellt, dass mehrere Bundesämter und -behörden eine entscheidende Rolle im Kampf gegen diese Verbrechen spielen. Aufgrund einer Analyse des ehemaligen Staatsanwalts Paolo Bernasconi haben wir etwa zehn Prüfungsthemen identifiziert: vom Umgang mit beschlagnahmten Gütern über die Datenqualität der Handelsregisterdaten bis hin zur internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, dem Goldhandel, der Funktionsweise der Bundesgerichte, den spezifischen Aufgaben von fedpol oder der Rückgabe von Potentatengeldern. In den sechs Jahren haben wir eine Bestandsaufnahme vorgenommen, die aufzeigt, dass da noch viel Verbesserungspotenzial vorhanden ist.
Betrug ist nicht das Privileg von Herrschaften in dunklen Anzügen. Deshalb haben wir auch den Missbrauch von Sozialleistungen ins Visier genommen. Eine Risikoanalyse in Zusammenarbeit mit unseren Partnern in den Kantonen hat die wichtigsten Risiken und die notwendigen Prüfungen aufgezeigt. Nach ersten, erfolgversprechenden Schritten haben wir beschlossen, unsere Kapazitäten in der Datenanalyse auszubauen. Auf Bundesebene ist sie das wirksamste Mittel, um systembedingte Missbräuche zu erkennen und zu bekämpfen.
Im Auftrag der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte legte die EFK den vierten Schwerpunkt auf die sogenannten Querschnittsämter. Drei Jahre in Folge hat die EFK systematisch die Ämter für Finanzen, Personal, Informatik, Risikomanagement, Logistik und Bauten geprüft. Ziel: validieren, dass diese Ämter nicht nur Richtlinien erlassen, sondern auch deren Einhaltung überwachen und ein System von Sanktionen haben, wenn sie Unstimmigkeiten feststellen. Dies ist der einzige Bereich, in dem wir keine Verbesserung erzielen konnten. Trotz unserer ernüchternden Feststellungen hält der Bundesrat an der departementalen Führung der Bundesverwaltung ohne übergreifende Überwachung und Steuerung fest und will die Kompetenzen der Querschnittsämter nicht stärken. Es wird daher weiterhin bei den sieben Generalsekretariaten liegen, beispielsweise die Einhaltung der IT-Sicherheitsvorgaben oder Beschaffungsverfahren in ihrem eigenen Departement sicherzustellen.
Womit wir beim fünften und letzten Schwerpunkt dieser Amtszeit angekommen sind: den IT-Projekten. Nach dem eklatanten Misserfolg des Projekts INSIEME wurden mehrere Massnahmen ergriffen. Darunter die regelmässige Prüfung der IKT-Schlüsselprojekte durch die EFK. Diese Aufgabe ist ressourcenintensiv, aber der Aufwand lohnt sich. Nicht nur aufgrund des Investitionsvolumens, sondern vor allem wegen des grossen Einsparpotenzials dieser Projekte. Das zeigt das DaziT-Programm der Zollverwaltung. Bei dieser Transformation geht es nicht allein um die Informatik. Sie stellt Prozesse infrage und macht das Leben nicht nur für die Verwaltung einfacher, sondern auch für die Wirtschaft und die Zollkunden. Möglich ist so etwas allerdings nur, wenn eine grundsätzliche Bereitschaft zu hinterfragen da ist. Das SUPERB-Programm wird hier ein interessanter Test sein. Die Umgestaltung der Supportprozesse der Bundesverwaltung kann nur gelingen, wenn eine departementsübergreifende Steuerung die viel beschworene departementale Verwaltungsführung aufbricht. Ansonsten werden mehrere Hundert Millionen Franken ausgegeben, ohne wirklichen Nutzen.
Wir bleiben dran, beobachten die Entwicklungen sehr aufmerksam und werden unsere Arbeit auch in Zukunft immer wieder an die sich ändernden Risiken anpassen.
Wir danken allen, die uns bei unserer Arbeit unterstützen!
Auskünfte:
Michel Huissoud, Direktor der EFK, Tel. 058 463 11 11