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Jahresberichte

«Den Fokus auf Prüfungen vor Ort legen!». Dies ist seit mehreren Jahren der Leitsatz der Arbeit der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK). Die Suche nach Fakten, die Konfrontation von Hypothesen mit der Realität vor Ort, die Überprüfung von Informationen an das Parlament oder die Bevölkerung – das ist die tägliche Arbeit bei der EFK. Wir müssen unvoreingenommen arbeiten und uns vor dogmatischen Positionen hüten.

In den letzten Jahren führte dies mitunter zu unerfreulichen Befunden: So musste der Tarif für ambulant erbrachte ärztliche Leistungen revidiert werden. Die Einzahlungen in die Fonds für die Stilllegung von Kernanlagen und die Entsorgung von radioaktiven Abfällen waren wahrscheinlich unzureichend. In über der Hälfte der Botschaften des Bundesrates gab es keine zuverlässigen Folgeabschätzungen der vorgeschlagenen Beschlüsse. Die Tätigkeit der Schweizer Zollfreilager stellte eine Gefahr für das internationale Ansehen der Schweiz dar. Die Departemente des Bundes können nur effizient geführt werden, wenn starke Querschnittsprüfungen durchgeführt werden, wie etwa im Bereich der Informatik. Es wurden Massnahmen ergriffen und die Situation hat sich oft verbessert.

Diese Dossiers sind exemplarisch, denn sie zeigen, dass die EFK eine Überwachungsfunktion ausübt. Indem sie Themen aufgreift, bevor eine Krise ausbricht, folgt sie einer weiteren ihrer strategischen Schwerpunkte: «Die EFK schaltet sich so früh wie möglich ein, um Probleme und mögliche Verbesserungen rechtzeitig zu erkennen».

Der Föderalismus ist in der Schweiz nach wie vor ein hochsensibles Thema. Die Prüfungen der EFK in den Kantonen sind da keine Ausnahme, denn sie rütteln an wunden Punkten. Es gibt drei Arten von Prüfungen.

Die Prüfungen der ersten Gruppe kontrollieren die korrekte Anwendung des Bundesrechts, wie etwa bei der Berechnung des Finanzausgleichs zwischen den Kantonen oder die Umsetzung des Sozialversicherungsrechts. Entspricht es beispielsweise dem Willen des Gesetzgebers, dass ein Antrag auf Ergänzungsleistungen in grosszügigen Kantonen in durchschnittlich 18 % der Fälle abgelehnt wird, in strengeren Kantonen jedoch in 44 % der Fälle?

Die zweite Gruppe bilden die Subventionsprüfungen. Dabei wird validiert, ob die Bundesgelder sinnvoll verwendet werden – zum Beispiel für die Nationalstrassen, die Entschädigungen für Härtefälle im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie oder die 2,1 Milliarden Franken, die der Bund für die Arbeiten der dritten Rhonekorrektion aufwenden wird (siehe Kapitel 5.A dieses Jahresberichts).

Die dritte Gruppe befasst sich mit der Art und Weise, wie die Bundesämter ihre Beziehungen mit den Kantonen handhaben. Das ist eindeutig der heikelste Bereich. Die EFK legt erstmals eine Studie darüber vor, wie der Bund seine Beziehungen zu den Kantonen organisatorisch steuert. Zusammenfassend lässt sich sagen: Er ist besser über seine Beziehungen zu Mexiko informiert als über die Beziehungen seiner Bundesämter zum Wallis (Kapitel 8.A).

Auch die Informatik gehört zu dieser Gruppe. Zu nennen sind die Herausforderung bei den Telekommunikationsnetzen (Kapitel 6.C), aber auch die Schwierigkeit, elektronische Daten zu definieren und zu sammeln. Nach den Handelsregister- und Strassenverkehrsdaten befasste sich die EFK mit den Daten des Betreibungs- und Konkursregisters (Kapitel 8.B). Das Fazit der verschiedenen Prüfungen ähnelt sich: Die Schweiz bekundet in vielen Bereichen Schwierigkeiten, die in den Kantonen erfassten Daten auf gesamtschweizerischer Ebene zu konsolidieren. Dadurch wird die Umsetzung des «Once-only-Prinzips» verhindert, obschon die Schweiz am 6. Oktober 2017 in Tallin die entsprechende Deklaration unterzeichnet hat. Diese beklagenswerte Situation behindert vor allem die Bundesverwaltung, die Nutzer der Register sowie die Strafverfolgungsbehörden.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Kantonsverwaltungen verwenden unterschiedliche Software, die Daten sind nicht in allen Kantonen gleich definiert, von schlechter Qualität, unvollständig oder die Bundesämter erhalten sie nicht... 2011 zeigte ein Rechtsgutachten des Bundesamts für Justiz, dass die Verabschiedung einer verfassungsrechtlichen Grundlage für den Informatikbereich der einzige vernünftige Weg sei. Doch das Dogma des Föderalismus wacht. Niemand wagt es, dieses Dossier sachlich anzugehen und sich dieser verfassungsrechtlichen Aufgabe zu stellen.

2014 hatte der Zeichner Mix & Remix in unserem Jahresbericht die teils föderalistischen Probleme des Informatikprojekts «Informationssystem Verkehrszulassung» des Bundesamts für Strassen (ASTRA) illustriert. Dies hatte eine offizielle Reaktion der Konferenz der Kantonsregierungen zur Folge: Im Juni 2015 beschwerte sie sich beim Bundesrat über die Unverschämtheit dieser Karikatur und der EFK.

Seither sind sechs Jahre vergangen und die Pandemie ist dazu gekommen. Die endlosen Diskussionen um die Statistiken der COVID-19-Fälle sowie die Anzahl der Patienten auf den Intensivstationen bestätigten die beunruhigenden Feststellungen der EFK zur Datenverfügbarkeit und -qualität. Am 26. Dezember 2021 sagte der Bundesrat Guy Parmelin, damaliger Bundespräsident, in einem Interview mit der SonntagsZeitung, das speziell der Pandemie gewidmet war: «Der Föderalismus ist eine der vielen Stärken in unserem Land. Natürlich ist er manchmal schwerfällig und kompliziert. Gerade in einer Krise.» Dem kann die EFK nur beipflichten.

Das war’s. Ich wünsche der EFK viel Glück für die Zukunft. Nach 34 Jahren bei der EFK werde ich mich Ende August in den Ruhestand verabschieden. Vielen Dank an alle, die unsere Arbeit unterstützen!

Jahresbericht 2021

Medienmitteilung

Anhang Jahresbericht 2022 (Excel)

Auskünfte:

Michel Huissoud, Direktor der EFK, Tel. 058 463 11 11

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