Publikationen Medienmitteilungen
Starker Anstieg der Ausgaben für Hörgeräte
Eine Evaluation der Eidg. Finanzkontrolle (EFK) zeigt, dass die Invalidenversicherung (IV) im internationalen Vergleich sehr grosszügig die Abgabe von Hörmitteln fördert und teilweise auch falsche Anreize setzt. Die EFK fordert eine bessere Kostenkontrolle und formuliert verschiedene Empfehlungen mit einem jährlichen Sparpotenzial von rund 35 Millionen Franken. Da der Druck auf die Sozialversicherungen weiter steigt, ist die rechtzeitige Umsetzung geeigneter Massnahmen dringend.
Die Eidg. Finanzkontrolle (EFK) führte eine Evaluation über die Abgabe von Hilfsmitteln der IV und AHV am Beispiel der Hörgeräte durch. Hörmittel stellen mit rund 140 Millionen Franken einen wichtigen Ausgabenposten dar. Eine gute Nachricht: Die Schweiz gehört zu den Ländern mit der höchsten Nutzung von Hörgeräten. Der Anteil nicht genutzter Hörgeräte ist im Vergleich zu anderen Ländern niedrig.
In den Jahren 1995-2005 haben sich die Ausgaben für Hörmittel verdoppelt. Sie haben bedeutend stärker zugenommen als die Gesundheitsausgaben. Im internationalen Vergleich vergütet die Schweiz eine stark medikalisierte und umfassende Dienstleistungspalette: zwei umfassende medizinische Expertisen und sechs bis acht Konsultationen beim Akustiker. Die Vergütungen für die Dienstleistungen der Akustiker sind in der Schweiz drei- bis viermal höher als in Deutschland. Auch die Vergütungen an die Expertenärzte sind zwei- bis dreimal höher als in den beiden Vergleichsländern Norwegen und Deutschland. Im Laufe von wenigen Jahren hat eine starke Indikationsverschiebung der Behinderungsstufe stattgefunden was zu kostenintensivere Versorgungen führt, obwohl die medizinischen Richtlinien sich in diesem Zeitraum nicht verändert haben. Eine zentrale Zielsetzung des Hörgerätetarifs 1999 ist damit nicht erfüllt worden. Übrigens versprach der Tarif eine Kostenreduktion von 25%. Ebenfalls bemerkenswert ist die Verschiebung zu beidseitigen Versorgungen. So ist die Anzahl der umgesetzten Hörgeräte alleine in den letzten beiden Jahren um 20 Prozent gestiegen. Übrigens sind ihre Preise in der Schweiz im internationalen Vergleich immer noch hoch.
Die EFK musste feststellen, dass das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) und die Leistungserbringer mit ungleich langen Spiessen kämpfen. So besitzt bei den Tarifverhandlungen das BSV nur unzulängliche, unabhängige Informationen für die Berechnungen der Dienstleistungspauschale an die Akustiker. Das schränkt den Handlungsspielraum des BSV ein und dieses verfügt nur über begrenzte Möglichkeiten, die finanziellen Interessen der Sozialversicherung wirkungsvoll geltend zu machen. Die Rechtssprechung zeigt ausserdem, dass die Gesetzgebung ihm wenig Handlungsspielraum gewährt. Das Eidg. Versicherungsgericht hat oft Entscheide des BSV umgestossen und eine Mehrversorgung beschlossen.
Die EFK hat mehrere systembedingte Faktoren identifiziert, welche Anhaltspunkte für konkrete Massnahmen zur besseren Ausgabenkontrolle liefern. Das heutige System schafft zudem Anreize zu immer aufwändigeren Versorgungen. Kostentreibend ist insbesondere die Besitzstandwahrung für IVVersicherte, nach Erreichen des AHV-Alters. Die EFK schlägt vor, das System zu vereinfachen und damit auch besser steuerbar zu machen. Der Leistungskatalog soll auf das Notwendige reduziert werden, das dreistufige Indikationssystem und die Besitzstandwahrung abgeschafft werden. Ein laufendes Ausgabencontrolling ist eine Notwendigkeit. Das BSV äussert sich in seiner Stellungnahme positiv zu sechs der acht Empfehlungen. Die Finanzdelegation hat den Bericht zur Kenntnis genommen und wird die Entwicklung des Dossiers eng verfolgen.
Auskunft:
Kurt Grüter, Direktor EFK, Tel. 031 323 10 01Emmanuel Sangra, Leiter Fachbereich Evaluationen, Tel. 031 324 94 93
- Details