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Tarmed ist revisionsbedürftig – Ziele nur teilweise erreicht

Die Eidg. Finanzkontrolle (EFK) untersuchte die Frage, ob Tarmed seine Ziele erreicht hat. Sie kam zum Schluss, dass in einzelnen Bereichen lückenhafte und veraltete Berechnungsgrundlagen verwendet werden, die Einkommensunterschiede zwischen technischen Fachspezialisten und Grundversorgern zu- statt abgenommen haben und der Tarif zwingend anzupassen ist. Die EFK hat unter anderem dem Bundesrat empfohlen, seine gesetzlichen Kompetenzen besser zu nutzen und eine Vereinfachung der Rechnungsstellung an die Patienten zu verlangen.

Über den Tarmed (Tarif médical) werden schweizweit Leistungen im Gesundheitswesen im Umfange von sieben Milliarden verrechnet. Damit beeinflusst der Tarif die Leistungen der Sozialversicherungen und indirekt auch die öffentlichen Haushalte. Die Eidg. Finanzkontrolle (EFK) unterzog deshalb diesen Tarif einer kritischen Beurteilung. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob der vor sechs Jahren eingeführte Tarif seine Zielsetzungen erreicht hat. Der Tarif wurde von Santésuisse, FMH, dem Verband der Spitäler und der Medizinaltarifkommission erarbeitet. Tarmed brachte einen grossen Fortschritt: ambulante ärztliche Leistungen werden schweizweit nach einheitlichen Kriterien verrechnet.

Die EFK hat festgestellt, dass der Tarif in gewissen Bereichen auf fehlende oder veraltete Berechnungsgrundlagen abstellt. Die Übereinstimmung zwischen Tarmed, den Preisen der ärztlichen Versorgung, und den faktischen Kosten ist nicht gewährleistet. So werden beispielsweise die Zeitvorgaben für ärztliche Leistungen (Minutagen) unsystematisch festgelegt. Verschiedene Produktivitätsfaktoren sind nicht nachvollziehbar. Unterschiedliche Taxpunktwerte sind nicht auf kantonale Kostenunterschiede zurückzuführen, sondern sind historisch bedingt. Die Transparenz konnte zwar erhöht werden, die zahlreichen vorhandenen Daten sollten jedoch für unabhängige Analysen genutzt werden. Ein grundlegender Zielkonflikt besteht zwischen der finanziellen Aufwertung der Grundversorger und der Kostenneutralität. So wurden kurz vor der im Jahr 2004 umgesetzten Version des Tarmed Verbesserungen zu Gunsten der Spezialisten vorgenommen. Die Einkommensunterschiede zwischen technischen Fachspezialisten und Grundversorgern hat als Folge zu- statt abgenommen. Die Tarifpflege begrenzt sich auf kleinere Anpassungen. Da das Revisionsprojekt Tarmed 2010 seit Jahren blockiert ist, besteht die Gefahr, dass notwendige Korrekturen verzögert werden. Aufgrund der geforderten Einstimmigkeit der Tarifpartner blockieren sie sich bis zur vollständigen Untätigkeit.

Das Krankenversicherungesetz sieht vor, dass ein Einzelleistungstarif, der für die ganze Schweiz gelten soll vom Bundesrat genehmigt werden muss und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit entsprechen muss. Das federführende Bundesamt für Gesundheit legt bei der materiellen Überprüfung der Wirtschaftlichkeit des Tarifs das Gewicht auf die absehbare Wirkung auf die Prämien. Die Wirtschaftlichkeit der Einzelleistungen oder der Leistungspakete hingegen wird nicht überprüft. Die Autonomie der Tarifpartner sei das massgebende Prinzip.

Die EFK stellt die Autonomie der Tarifpartner (Verhandlungsprimat) nicht in Frage, erachtet es aber als notwendig, die Rolle des Bundes zu stärken. Insbesondere soll der Bundesrat seine gesetzliche Kompetenz besser nutzen und Grundsätze für die Anpassung der Tarife aufstellen. Bei fehlender Einigung der Tarifpartner soll er vorläufige Tarifierungslösungen durchsetzen In diesem Tarif, der aus mehr als 4 300 Einzelpositionen besteht, ist die Verrechnung durch Analogiepositionen zu verbieten. Ferner soll ein Konzept für die statistische Analyse der verrechneten und vergüteten ärztlichen Leistungen ausgearbeitet werden. Schliesslich soll die Kontrolle der Rechnungen durch die Patienten erleichtert werden (Vereinfachung und Erwähnung der Dauer der Sitzungen).

Die Stellungnahmen zu den Empfehlungen sind unterschiedlich. Während Santésuisse, die kantonale Gesundheitsdirektorenkonferenz, das Bundesamt für Statistik und der Preisüberwacher die Empfehlungen grundsätzlich begrüssen und Verbesserungen vorschlagen, zeigen sich die FMH und das Bundesamt für Gesundheit kritisch. Die wichtigste Meinungsverschiedenheit betrifft die Stärkung der Rolle des Bundes, falls keine Einigung zwischen den Tarifpartnern erreicht werden kann. Es besteht Handlungsbedarf für das Parlament.

Medienmitteilung: Tarmed ist revisionsbedürftig – Ziele nur teilweise erreicht

Auskünfte:

Michel Huissoud, Vizedirektor, Tel. 031 323 10 35

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